09.10.2021

Kramp-Karrenbauer und Altmaier: vorbildlicher Abgang

Man könnte, man sollte, man müsste. Solche Forderungen gehen viele Politikern leicht von den Lippen. Man sollte mehr jüngere Leute fördern, verlangen viele in der CDU. Der Ruf nach mehr Frauen in der Verantwortung ist in der Partei ebenfalls häufig zu vernehmen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (63) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (59) haben das auch schon oft gesagt – aber jetzt haben sie nach dieser Maxime gehandelt. Der Merkel-Vertraute und die ehemalige CDU-Vorsitzende (2018 – 2021) verzichten auf ihr Bundestagsmandat, machen Platz für zwei jüngere Politiker: Nadine Schön (38) und Markus Uhl (41).

Kramp-Karrenbauer, Altmaier, Schön und Uhl eint dasselbe politische Schicksal. Alle vier hatten bei der Bundestagswahl vor vier Jahren ihre saarländischen Wahlkreise direkt gewonnen; jetzt haben alle vier das Direktmandat verpasst. Wegen des schlechten CDU-Ergebnisses zogen aber nur „AKK“ und Altmaier über die Landesliste in den Bundestag ein; die beiden Jüngeren verloren ihren Sitz. Durch den Rückzug der beiden Älteren können Uhl und Schön ihre Mandate doch behalten.

Die beiden Minister hätten auch bei einer erneuten Regierungsbeteiligung der Union kaum Aussicht auf einen Verbleib im Kabinett gehabt. Aber sie hätten als sogenannte einfache Abgeordnete weitermachen können, wie das viele ehemalige Kabinettsmitglieder aus allen Parteien tun. Es gibt unangenehmere Tätigkeiten, als die politische Karriere auf den hinteren Bänken unter der Reichstagskuppel auslaufen zu lassen. Ein Abgeordnetenleben mit all seinen Privilegien kann recht angenehm sein, wenn man keine großen Pläne mehr hat.

Kramp-Karrenbauer und Altmaier haben sich anders entschieden: Sie geben zwei Jüngeren die Chance, in der Politik zu bleiben. Schön war schon seit 2014 stellvertretende Fraktionsvorsitzende, hat sich in der Digital- und Familienpolitik einen Namen gemacht und hätte bei einem CDU-Sieg Aussichten auf ein höheres Amt gehabt. Uhl ist Verkehrspolitiker und spielt als Generalsekretär der Saar-CDU eine wichtige Rolle. Jetzt können und sollen sie nach Meinung von Altmaier und Kramp-Karrenbauer zur Erneuerung der CDU beitragen. Der Wirtschaftsminister meinte zu Recht, Erneuerung sei möglich, „man muss sie nur wollen.

Man könnte, man sollte, man müsste. So etwas sagt sich leicht. Aber Kramp-Karrenbauer haben solchen Worten Taten folgen lassen. Beide Politiker hatten im letzten Kabinett häufig in der Kritik gestanden. Aber mit diesem Abgang zeigen sie, dass ihnen das Land und die Partei wichtiger sind als die eigene Person. Das findet man in der Politik viel zu selten – und zwar in allen Parteien. Ein vorbildlicher Abgang, der manchen „Oldie“ in der CDU/CSU zu Nachahmung animieren könnte, sollte, müsste.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 9. Oktober 2021)


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