Presse

18.01.2020 | Neue Zürcher Zeitung

Die Leser lieben die „SUPERillu“

Über den Potsdamer Platz in Berlin verlief einmal die Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland, zwischen real existierendem Sozialismus und freier Welt. Dreissig Jahre nach dem Fall der Mauer haben sich alle Gegensätze im ästhetischen Niemandsland steriler Investorenarchitektur aufgelöst: Wo sich der Todesstreifen genau befand, lässt sich kaum noch erahnen.

Dass die mentalen Unterschiede zwischen Ost und West damit eingeebnet wären, wird in Deutschland niemand behaupten wollen. Der Redaktion, die am westlichen Ende des Areals residiert, wird nachgesagt, von der Bewirtschaftung dieser Gegensätze zu leben. Stefan Kobus sieht das naturgemäss anders. «Ich widerspreche schon einmal, wenn Sie uns eine reine Ost-Zeitschrift nennen», sagt er in seinem Büro.

Kobus, ein leicht untersetzter, fröhlicher Mann von 56 Jahren, ist der Chefredaktor der «Super Illu», einer Illustrierten aus dem Burda-Verlag, die im Sommer 1990 gegründet wurde, um den ostdeutschen Markt anzusprechen. Schlagerstars und leicht bekleidete Mädchen prägten das Blatt in seinen Anfangsjahren - Krawalljournalismus für Zurückgebliebene, urteilte die westdeutsche Qualitätspresse.

Kobus versteht die «Super Illu» als gesamtdeutsches Blatt. Der Ratgeber mache den grössten Teil des Heftes aus, «und ob Sie jetzt eine Autoversicherung in Wanne-Eickel oder in Wernigerode brauchen, ist völlig egal». Nach der Wende gab die «Super Illu» ihren Lesern ein Stück von deren Lebenswelt zurück. «Wenn du mit jemandem gross wirst, den du ständig im Fernsehen siehst, schaust du in der Zeitung automatisch hin», erklärt Kobus. «Die anderen Zeitschriften sind bei den Peter Kraus dieser Welt geblieben, aber der Ossi wollte halt wissen, was sein Frank Schöbel macht, der früher einmal der grösste Hero im Variététheater Friedrichstadtpalast war.»

(…)

Hubert Burda, dem Verleger der «Super Illu», wird gern eine gewisse CDU-Nähe nachgesagt. Dennoch hat die Redaktion ein pragmatisches Verhältnis zur Linkspartei, die bis zum Aufkommen der AfD das bevorzugte Vehikel unzufriedener Ostdeutscher war, um die etablierte Politik zu ärgern. Gregor Gysi, der langjährige Chef der Linken, ist seit vielen Jahren Kolumnist und seit einiger Zeit auch regelmässiger Gast bei den «Stadtgesprächen», einer Veranstaltungsreihe der Zeitschrift.

Das alles finde ja nicht «auf einer rein politischen Ebene» statt, erklärt Kobus. «Für uns ist er ein Entertainer und ein Zeitzeuge, der zur Wendezeit eine tragende Rolle gespielt hat.» Konservative Kolumnisten dürfen im Blatt für einen Ausgleich sorgen: Derzeit ist dafür der frühere Bürgerrechtler und heutige CDU-Politiker Arnold Vaatz zuständig; zuvor war es Hugo Müller-Vogg, ein ehemaliger Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung».(…)

(Quelle: Neue Zürcher Zeitung vom 18.01.2020)



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