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11.03.2019
Bar statt Werkstatt
18 Jahre lang war Angela Merkel CDU-Vorsitzende, länger als jeder andere an der Spitze der Partei, wenn man mal vom „ewigen“ Helmut Kohl absieht. Aber so richtig warm geworden mit ihrer Partei ist die Quereinsteigerin aus dem Osten nie. Für Merkel war die Partei mehr Machtinstrument als Familie, mehr Notwendigkeit als Heimat. Am Beispiel von Helmut Schmidt und Gerhard Schröder hatte sie gelernt: Ein Kanzler ohne Parteivorsitz ist nur halb so stark. Aber wichtiger als Wünsche und Beschlüsse der Partei war für sie immer, was im Regierungsalltag mit dem Koalitionspartner geht – und was nicht. Jetzt, ohne Parteiamt, darf man sich Angela Merkel nicht als Heimatlose vorstellen. Sie scheint in der Endphase ihrer Kanzlerinnenkarriere ihre neue Unabhängigkeit eher zu genießen. Als ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer zu einem „Werkstattgespräch“ über die Flüchtlingskrise 2015 lud, bemerkte die Ex-Parteivorsitzende zunächst schnippisch, die Beschäftigung mit der Vergangenheit helfe nicht weiter. Als sich dann 120 CDU-Politiker und Experten im Konrad-Adenauer-Haus zu einer Art Merkel-Gericht trafen, saß die Kanzlerin demonstrativ nicht unter ihnen. Im Gegenteil. Sie wurde beim Werkstatt-Auftakt ein paar hundert Meter weiter in der Bar des Hotels „Esplanade“ gesichtet – fröhlich plaudernd mit ihrer Freundin und Ex-Doktortitel-Trägerin Annette Schavan und Monika Grütters, ihrer Staatsministerin für Kultur und Medien. Es war, wie es offiziell heißt, ein „privater Termin“. Dafür hatte Merkel einen Platz gewählt, wo sie ihrer Partei – jedenfalls räumlich – sehr nahe war. Man kann das Damen-Kränzchen als eine Macht-Demonstration werten: Was immer ihr beschließt, ist für mich nicht relevant. Es dauerte auch nicht lange, bis Merkel zu „Produkten“ aus der CDU-Werkstatt wie „Grenzschließungen als ultima ratio“ auf Distanz ging: „Da hat sich an meiner Meinung nichts geändert.“ Was bei der Kanzlerin nichts Neues ist: So viel Regieren wie möglich, nur so viel Partei wie unbedingt nötig.
Veröffentlicht in „Cicero“, Nr. 3, März 2019.
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