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In Hessen winkt den Grünen die Beförderung vom Kellner zum Koch
Die Grünen haben, wie man im Sport sagt, derzeit „einen Lauf“: Zweitstärkste Kraft in Bayern, stärkste in München, und zehn Tage vor der Wahl in Hessen stehen sie laut „Politbarometer“ bei 22 Prozent. Das wäre doppelt so viel wie vor fünf Jahren. Was aber noch wichtiger ist: Zusammen mit den in der Umfrage auf 20 (2013: 30,7) Prozent abgestürzten Sozialdemokraten könnten die Grünen entweder die FDP oder die Linke (beide 8 Prozent) als dritten Koalitionspartner dazu nehmen. Dann wäre Tarek Al-Wazir, bisher Wirtschaftsminister, der neue grüne Ministerpräsident – der zweite nach Winfried Kretschmar in Baden-Württemberg.
Die CDU bliebe laut „Politbarometer“ mit 26 Prozent zwar stärkste Partei. Aber auch sie büßte gegenüber der letzten Wahl 12 Prozentpunkte ein. Rechnerisch reichte es zwar für eine Fortsetzung von Schwarz-Grün. Doch die Grünen würden wohl alles daran setzen, eine „Ampel“ oder ein grün-rot-rotes Bündnis zustande zu bringen, um selbst den Regierungschef zu stellen. Warum denn Kellner bleiben, wenn man Koch werden kann?
Ein solches Ergebnis wäre nach Bayern das zweite Desaster für die GroKo-Parteien in Berlin. Es zeigt sich immer mehr: In diesem Bündnis verlieren nicht nur die Sozialdemokraten Wähler an Grüne wie an die AfD. Die CDU rutscht scheinbar unaufhaltsam in prozentuale Tiefen, die ihren Anspruch, Volkspartei zu sein, in Frage stellen.
Für die SPD wäre ein Ergebnis, das ihr nach 19 Jahren die Möglichkeit böte, in ihrem einstigen Stammland wenigstens wieder in der Regierung zu sein, besser als nichts. Für die CDU wäre die Abwahl von Ministerpräsident Volker Bouffier viel schlimmer. Der einstige Hardliner hat das Land zusammen mit den Grünen solide und erfolgreich regiert – und das im Gegensatz zu Berlin ohne ständigen Streit in der Regierung. Bouffier stand in der Flüchtlingsfrage treu an der Seite Angela Merkels. Falls die Hessen-Union also abstürzte, könnte die CDU im Bund das, anders als das CSU-Ergebnis, nicht auf die ständigen Streitereien zwischen München und Berlin abschieben. Im Gegenteil: In Hessen würde, wenn es so kommt, auch die Kanzlerin vom Wähler abgestraft. Wem der CDU-Kurs in der Flüchtlingspolitik nicht hart genug ist, der macht sein Kreuz bei der AfD (12 Prozent), wer die Willkommenspolitik mit all ihren Folgen uneingeschränkt gut fand, der geht gleich zum „Original“ – zu den Grünen.
Zehn Tage sind, wie die Bayern-Wahl gezeigt hat, angesichts der vielen Last-Minute-Wähler eine lange Zeit. Schließlich sind, ähnlich wie in Bayern, 44 Prozent der Wähler noch nicht endgültig festgelegt. Aber eines lässt sich vorhersagen: Bouffier und sein SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel werden ihre Parteivorsitzenden Merkel und Nahles kein Ergebnis liefern, das diese stärkt. Im Gegenteil: Nach dem 28. Oktober wird die Lage der beiden Parteivorsitzenden noch schwieriger – und die der GroKo auch.
Veröffentlicht auf www.focus.de am 19. Oktober 2018.
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