05.07.2017

Peter Tauber und das “Peter-Prinzip“

Mit 79 Zeichen kann man sich auf Twitter viel Ärger einhandeln. „Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs“, hielt CDU-Generalsekretär Peter Tauber einem Kritiker des CDU/CSU-Wahlprogramms entgegen. Die Antwort war ein Shitstorm. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach von Taubers "pöbelnder Arroganz". Und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann schrieb: "Und wer keinen Anstand gelernt hat, wird CDU-Generalsekretär."

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Taubers Einlassung, für die er sich bald darauf entschuldigte, war nicht nur ungeschickt. Sie widerspricht den Grundsätzen marktwirtschaftlicher Politik. Wer versucht, sich mit drei Minijobs über Wasser zu halten, verdient eigentlich Respekt und Anerkennung. Denn die Alternative wäre, gar nichts zu tun und sich vom Staat ernähren zu lassen. Das aber wäre gar nicht im Sinne Ludwig Erhards, der die Menschen immer wieder aufforderte, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Fragt sich nur, ob in der CDU noch jemand Ludwig Erhard kennt.

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Viele Reaktionen auf Taubers Äußerung offenbarten ein seltsames Menschenbild. Wer nur einen Mini-Job hat, der ist per se ein Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Tatsache, dass viele Menschen aus eigenem Verschulden keine abgeschlossene Ausbildung und deshalb keine guten Chancen am Arbeitsmarkt haben, wird von den meisten Sozial-Aposteln ausgeklammert. Wer nichts erreicht hat, ist ein „Opfer“. Punkt.

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Zurück zu Peter Tauber. Sein jüngster Ausrutscher dürfte seiner Chefin nicht gefallen. Ohnehin hat Angela Merkel ihren „General“ längst zum „Sekretär“ degradiert. Das Wahlprogramm schrieb „ehrenamtlich“ Kanzleramtsminister Peter Altmaier. Zudem holte die Kanzlerin ihren Vertrauten, den früheren Opel-Manager Joachim Koschnicke, als Wahlkampfstrategen ins Adenauer-Haus zurück.

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Taubers Twitter-Gate reiht sich nahtlos ein in die Serie von Peinlichkeiten. In einem Interview verglich er FDP-Chef Christian Lindner mit AfD-Vize Alexander Gauland, was beim potentiellen Koalitionspartner keine Freude auslöste. Für unerfreuliche Schlagzeilen sorgten auch Berichte über Mobbing-Aktionen in Taubers Kreisverband, in die er als Kreisvorsitzender verwickelt gewesen sein soll. Während der Flüchtlingskrise soll er in einer internen Runde gesagt haben, wer nicht für Merkel sei, "ist ein Arschloch". „Arschloch“ hat er auch einem Dauer-Pöbler auf Twitter entgegengeschleudert. Kritiker von Merkels Euro-Politik hielt er vor, manche Abgeordnete würden aus ihrem Nein „ein Geschäftsmodell“ machen und sich auf Kosten anderer profilieren. CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach nannte das eine „Unverschämtheit“.

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Man muss kein Prophet sein: Peter Tauber wird nach der Bundestagswahl nicht CDU-Generalsekretär bleiben. Einem ungeschriebenen Gesetz zufolge werden Partei-Manager – ob erfolgreich oder nicht – anschließend befördert. Gut möglich, dass Peter Tauber als „Staatsminister für Digitales“ im Kanzleramt landet, sofern Merkel auch dort bleibt. Das „Peter-Prinzip“, wonach Beschäftigte in einer Hierarchie dazu neigen, bis zur Stufe ihrer Inkompetenz aufzusteigen, würde wieder einmal bestätigt.

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Wahlkampfweisheit des Tages: Die Eins, die eine Million werden will, ist auf Nullen angewiesen.

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Veröffentlicht auf www.tichyseinblick.de am 5. Juli 2017.


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