25.06.2017

„Die nächste Regierung wird rot!“ – „Ein Albtraum!“

Angela Marquardt: Wir werden auf unserem Parteitag am kommen Sonntag zeigen, dass wir Antworten diskutieren und haben. Wir werden ein Wahlprogramm verabschieden, das im intensiven parteiinternen Austausch in den letzten Monaten entstanden ist. Nicht alle werden alles gut darin finden, aber es ist ein Angebot für eine grundsätzliche Wahlentscheidung darüber, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Als Dortmund Fan weiß ich natürlich, dass diese Stadt schwarz-gelb lebt. Aber am kommenden Wochenende ist Dortmund rot. So wie die nächste Bundesregierung.  

Hugo Müller-Vogg: Was meinen Sie mit einer „roten“ Bundesregierung? Etwa Rot-Rot? Oder Rot-Rot-Grün? Beides ein Albtraum. Was mir auffällt: Martin Schulz redet viel und zu Vielem. Aber er schweigt beharrlich dazu, ob er mit einer Außenministerin Sahra Wagenknecht regieren möchte? Warum wohl?  

Angela Marquardt: Martin Schulz redet über unser Wahlprogramm, mit dem wir die Wahl gewinnen wollen. Nach der Wahl schauen wir, was auf dieser Grundlage mit wem geht. Dass ich eine rot-rot-grüne Bundesregierung, also Ihren Albtraum, bevorzuge, ist bekannt. Und da diskutiere ich heute nicht zuerst über die Besetzung von Ministerämtern, sondern schaue, dass man trotz etlicher schnittmengenfreien Überzeugungen verlässlich und mit realpolitischem Gestaltungsanspruch regieren kann.  

Hugo Müller-Vogg: Okay, dann werden wir mal realpolitisch. Die Linke will eine brutale Umverteilung. Dagegen sind die Steuererhöhungspläne der SPD ein neoliberales Säuseln. Die Linke lehnt Kampfeinsätze der Bundeswehr ab. Die Linke hält Putin für einen Friedensengel. Warum sagt Ihr Kanzlerkandidat nicht klipp und klar: „Ja, ich will es mit denen trotzdem versuchen. Schließlich haben SPD und Die Linke die größten Schnittmengen.“ Oder: „Nein, mit denen gibt es zu geringe Gemeinsamkeiten, um das Land vernünftig zu regieren.“ Es gibt keine halben Schwangerschaften und es gibt keine halben Koalitionen.  

Angela Marquardt: Ganz oder gar nicht – korrekt. Die Liste mit Unterschieden zur Linkspartei ist sicherlich vorhanden. Gleichfalls lang ist diese Liste mit unserem derzeitigen Koalitionspartner. Das hat uns auch nie von einem Koalitionsvertrag abgehalten. Sollte eine r2g-Koalition auf Bundesebene je verhandelt werden, wird keine der drei Parteien ihre Positionen zu 100% in den Vertrag schreiben können. Koalitionsverträge sind Kompromisse, die es ermöglichen, dass jede Partei selbstständig bleibt. 

Hugo Müller-Vogg: Richtig, Koalitionen sind Kompromisse. Aber das Ehepaar Lafontaine ist alles andere als kompromissfähig. Und gegen den Widerstand von Herrn und Frau Lafontaine wird Die Linke keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen. Aber meine Frage bleibt unbeantwortet. Warum sagt Herr Schulz nicht: Ja, Rot-Rot-Grün schließe ich nicht aus? Das sind nur sieben einfache Worte.

Angela Marquardt: So, wie die anderen Parteien auch, machen wir keinen Koalitionswahlkampf. Wir wollen stärkste Partei werden und mit unserem Wahlprogramm machen wir deutlich, wohin die Reise gehen soll. Ich denke, dass ziemlich klar ist, mit wem wir wirklich mehr Gerechtigkeit erreichen können und mit wem nicht. Aber eigentlich müsste diese Frage doch Martin Schulz beantworten. Meine Präferenz, auch wenn die Umfragen diese gerade nicht hergeben, ist klar. Aber nicht ich bin die Kanzlerkandidatin. :-)

Hugo Müller-Vogg: Eigentlich schade. Bei Ihnen wüssten die Bürger wenigstens, was ihnen droht :-) :-)

Veröffentlicht auf www.cicero.de am 23. Juni 2017.


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