14.05.2023

Linksbündnis oder Große Koalition? In Bremen hat die SPD die Wahl

Landtagswahlen in Bremen sind – ähnlich wie im Saarland – bessere Kommunalwahlen. Die bundespolitische Aussagekraft von Wahlen zur Bürgerschaft ist deshalb begrenzt. Immerhin lässt sich Folgendes sagen: Die Politik der Ampel hat der SPD an der Weser nicht geschadet. Den Grünen und der FDP wiederum hat dagegen jeglicher Rückenwind aus Berlin gefehlt. Die CDU wurde wiederum Zweiter, weil sie anders als 2019 nicht von einem Absturz der SPD profitieren konnte.

An diesem Wahlsonntag ist in Bremen wieder der Normalzustand eingekehrt. Die SPD liegt – Prognosen zufolge – mit 30 Prozent an erster Stelle, wie bei allen Wahlen zwischen 1947 und 2015. Doch trotz der Zugewinne ist es ihr zweitschlechteste Ergebnis an der Weser.

Ergebnis stärkt auch Scholz

Der eindeutige Wahlsieger heißt Andreas Bovenschulte, der populäre Bürgermeister. Rückenwind von der Bundes-SPD hatte er nicht. Im Gegenteil: Bovenschulte sich mit Kritik am Habeckschen Heiz-Hammer nicht zurückgehalten.

Gleichwohl stärkt das Ergebnis die Position von Bundeskanzler Olaf Scholz innerhalb der Ampel. Denn Grüne und FDP haben nichts dazugewonnen. Im Gegenteil: Die Grünen sind der große Verlierer. Die Heizungspläne des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck hat die Wähler ebenso abgeschreckt wie das „Familiy- and Friends“-Geflecht um seinen wichtigsten Staatsekretär, Patrick Graichen.

Absturz der Grünen

Das schlägt sich bei den Grünen in einem Minus von etwa fünf Prozentpunkten gegenüber ihren 17,4 Prozent von 2019 nieder. Das ist fast ein Drittel weniger und das schlechteste Ergebnis seit 2003. Noch im März hatten die Grünen in Umfragen bei 19 Prozent gelegen. Jetzt fehlte nicht nur der Rückenwind aus Berlin. Die rigide, autofeindliche Verkehrspolitik der grünen Verkehrssenatorin hat ebenfalls Wähler vergrault. Der Absturz der Bremer Grünen ist also zum Teil auch hausgemacht. Die CDU liegt mit 25 bis 26 Prozent bei geringen Verlusten deutlich über den schwachen Ergebnissen von 2011 und 2015, aber wieder – wie gewohnt – hinter der SPD. Das ist im traditionell linken Bremen ein durchaus achtbares Ergebnis, wen man bedenkt, dass die Union unter Führung von Friedrich Merz bundesweit nicht über 28 bis 30 Prozent hinauskommt. Nicht ausgezahlt für die Bremer CDU hat sich ihre Betonung der Klimapolitik.

FDP verliert Stimmen

Da die AfD zur Wahl nicht zugelassen war (sie hatte gleich zwei konkurrierende Wahllisten eingereicht), hätte man erwarten können, dass die CDU Stimmen aus diesem Lager bekommt. Die sammelten jedoch die rechtspopulistischen „Bürger in Wut“ ein, die ihre 2,4 Prozent von 2019 mehr als vervierfachten. Die „moderne“ Bremer CDU war für diese Wähler offenbar keine Alternative.

Für die Freien Demokraten gab es in Bremen eine Wiederholung dessen, was bei fünf Landtagswahlen seit der Bundestagswahl hinnehmen musste: Sie verlor Stimmen. Ihre Beteiligung an der Ampel kostet sie in den Ländern Stimmen. So auch in Bremen, wo sie um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangen muss. In der Ampel „Schlimmeres verhindert zu haben“, ist offenkundig kein Konzept, das bürgerliche Wähler begeistert.

Die Linke lebt noch

Noch eine Lehre aus Bremen: Die Linke ist noch lange nicht tot. Jedenfalls dann nicht, wenn sie vor Ort praktische Politik betreibt, statt sich nach dem Beispiel der Bundestagsfraktion in ideologischen Grabenkämpfen aufzureiben. In Bremen hat sie ihr 11-Prozent-Ergebnis von vor vier Jahren in etwa halten können. Potentielle Linke-Wähler schätzen nüchterne, an den Interessen der kleinen Leute orientierte Politik offenbar mehr als die Frage, ob die Bundesrepublik heute oder morgen aus der Nato austreten soll.

Auf der Basis der Prognosen ist Rot-Grün-Rot in Bremen mit 54 Prozent bestätigt worden. Das entspricht dem Ergebnis von 2019 – allerdings mit deutlich größerem Gewicht der SPD innerhalb der Koalition. Bovenschulte und die SPD können nun entscheiden, ob sie mit Grünen und Linken weitermachen oder die CDU als Juniorpartner in eine GroKo holen. So wie die CDU sich am Wahlabend der SPD bereits angedient hat, könnten es mit der CDU die einfacheren Koalitionsverhandlungen geben.

(Veröffentlicht auf www.cicero.de am 14. Mai 2023)


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