07.04.2021

Söder macht bei „Lanz“ klar: Ich bin bereit

Nein, Markus Söder hat es auch am Dienstagabend bei „Lanz“ nicht in den Mund genommen: das J-Wort. Er hat partout nicht gesagt; Ja, ich will. Er hat aber auch nicht Ja gesagt, als der Moderator wissen wollte, ob der CSU-Vorsitzende eine Kanzlerkandidatur ausschließe. Im Gegenteil. Mochte der Lanz – von Markus zu Markus – noch so insistieren und es zig-Mal mit derselben Frage immer wieder versuchen: Der bayerische Ministerpräsident setzte sein Pokerface auf, gab sich stoisch und gelassen. Häufig blieb er sekundenlang stumm, ehe er Lanz wissen ließ, dass er ihm nichts Konkretes sagen werde. Dennoch hinterließ Söder eine klare Botschaft: Er traut es sich zu, das Kanzleramt für die Union zu verteidigen, nicht etwa dem CDU-Vorsitzenden Armin Laschet. Dabei versucht er auf alle Fälle den Eindruck vermeiden, als müsse er unbedingt Kanzlerkandidat werden. In der Tat bliebe seine Stellung in der CSU und in Bayern ungefährdet, falls er nicht nominiert wird. Laschet dagegen wäre wohl den mühsam erkämpften CDU-Vorsitz schnell wieder los, wenn der Vorsitzende der kleineren Unionspartei ihm die Kandidatur wegschnappte.

Entscheidet die Bundestagsfraktion

Söders demonstrative Gelassenheit wird dadurch bestärkt, dass sich in der CDU die Stimmen mehren, die ihn gegenüber Laschet favorisieren. Offenbar geht Söder davon aus, dass die Kandidatur nicht so einfach zwischen den beiden Parteivorsitzenden ausgehandelt, sondern dass die gemeinsame Bundestagsfraktion von CDU und CSU ein gewichtiges Wort mitsprechen werde. So war das 1980 gewesen, als die Unionsabgeordneten dem CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß den Vorzug vor dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) gaben. Nicht zufällig hat Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, dieses Nominierungsverfahren jetzt ins Gespräch gebracht.

Dabei handelte Dobrindt wohl ganz im Sinne seines Vorsitzenden. Söder jedenfalls betonte bei „Lanz“, die Fraktion „muss gehört werden.“ Schließlich müsse der Kanzler ja von den Abgeordneten im Bundestag gewählt werden. Letzteres ist formal richtig. Doch dürfte Söder eher darauf spekulieren, dass viele MdBs um ihr Mandat bangen. Sollte die CDU/CSU bei der Wahl nur 26 bis 28 Prozent erzielen, würde sie 40 bis 60 ihre 245 Sitze verlieren. Kein Wunder, dass viele Abgeordnete in Existenzangst schweben und auf den setzen, der die meisten Stimmen verspricht. Das wäre – Stand jetzt – eindeutig Söder.

Rufen lassen würde sich der Bayer sicher

Obwohl Söder bei „Lanz“ wenig gesagt hat, machte er durch die Art seines Auftretens und seine zahlreichen Spitzen gegen Laschet deutlich: Er würde eine Kanzlerkandidatur nicht ablehnen. Aber offenbar spekuliert er darauf, dass die CDU ihm diese Aufgabe anträgt – sei es nach einem Verzicht Laschets, sei es durch ein Votum der Fraktion, in der vier CDU-Parlamentarier auf einen CSU-MdB kommen.

Bei „Lanz“ hat Söder seinen Fans in der CDU schon mal gezeigt, wie Wahlkampf geht, wie man mit einem Moderator umgeht, dem man nicht gerade besondere Sympathien für die Union vorwerfen kann: In dem man sich nicht provozieren und zu nichts verleiten lässt, in dem man sagt, was man selbst sagen, nicht was der andere hören will. Was für ein Unterschied zu Laschets Lanz-Auftritt in der vergangenen Woche! Da hatte der CDU-Vorsitzende bisweilen recht hilflos gewirkt – von der Körpersprache bis hin zu einem verzweifelten „Ach, Herr Lanz“ auf die Frage, wann er, Laschet, denn auf die Kanzlerkandidatur verzichten werde. Und dann bescheinigte Söder dem Konkurrenten jetzt noch nachträglich, er habe schon so oft Stehvermögen bewiesen. Was wohl heißen sollte: Der kann’s nicht, ich schon. Nach diesem Auftritt bei „Lanz“ ist klar: Söder will gerufen werden. Vom CSU-Übervater Strauß stammt der Satz: „Wenn die Not am größten ist, kommt die Rettung aus den bayerischen Bergen.“ Wetten, dass der Strauß-Fan Söder diese Parole gut findet?

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 7. April 2021)


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